Rietberg (dg). Die Eule, nachtaktiv, existiert in rund 200 Arten weltweit, Lebenserwartung im Schnitt bis zu zwei Jahrzehnte. All das trifft aber auf die Rietberger Eule nicht zu. Sie ist einmalig, tagaktiv und ihr ornithologischer Name eine Wortfindung für eine ausgezeichnete Fortbildungs-Idee mit gymnasial Schüler/innen und wissenshungrigen Senioren.
E wie erleben – U wie unterrichten – L wie lernen – E auch wie experimentieren, erläutert den außergewöhnlichen Projektnamen EULE. Im Frühjahr 1998 hatte Michael Brüggenolte, damaliger Geschäftsführer des Caritas Verbandes im Kreis Gütersloh, die Konzeptidee. Spontane Unterstützung und Mitgestaltung fand er bei Peter Esser, Oberstudiendirektor und Schulleiter am Nepomucenum in Rietberg. Er begeisterte junge Menschen der Klassen Elf und Zwölf mit ihrem Wissen und Fähigkeiten, die Position der Lehrenden zu übernehmen für eine Schülerschaft im Alter von 48 bis 76 Jahren. 19 junge Lehrkräfte starteten mit 42 Senioren schon im September 1998. Ein erfolgreicher Blitzstart, dessen Euphorie in der Planungsphase zunächst einen Dämpfer einstecken musste. Im Schul- und Sozialausschuss der Emsmetropole, sahen die Mitglieder für ein derartiges Bildungskonzept keine Erfolgsaussichten. Doch erfreulicherweise entwickelte sich Rietbergs „Senioren-Akademie“ stabil mit positiver Resonanz weiter. Nach vier Monaten belegten 52 Senioren 80 Kursplätze in Englisch, Literatur, Kunst, Gedächtnistraining, Informatik und Umgang mit Computern. Lehrinhalte gestalten die jungen Pädagogen überwiegend selbst. Doch die Dynamik im Eulen Projekt braucht erfahrene Organisation. Dafür engagiert sich beim Caritasverband seit der ersten Stunde bis heute Mechthild Reker, Diplom Pädagogin mit Schwerpunkt Erwachsenenbildung/Sozialarbeit. „Ich war neu im Verband, als Herr Brüggenolte mich fragte, ob ich mir die Arbeit im Projekt vorstellen könnte“, erzählt Frau Reker und schilderte ihre Begeisterung seit 25 Jahren. Zu einer verdienten Jubiläumsfeier trafen sich am 3. November im Gasthof Doppe in Bokel Aktive und Ehemalige mit Gästen. Mechthild Reker schaute in ihrem Rückblick auf die erfolgreiche Entwicklung der Eule. Das System hat sich mehr als bewährt. Generationen haben gewechselt, wobei den Senioren Teilnehmer aus der Anfangszeit heute noch in den Kursen sitzen. Unterrichtet wird Freitagnachmittag. Zu den Kursinhalten sind aktuell Laptop, Spanisch und Handy hinzugekommen. Die Teilnahme ist kostenfrei und ein dickes Lob richtet Mechthild Reker an die jungen Menschen die ihr Wissen ehrenamtlich vermitteln. Nach den Start-Projekten in Rietberg und Verl haben Gymnasien in acht anderen Städten das Konzept Eule in Abstimmung mit Rietberg übernommen. Anerkennung der besonderen Art. Die gab es für die Eule zusätzlich durch einige Preise und Auszeichnungen auf hohem Niveau. Schon mit ein wenig Stolz erhielt sie: 2001 Bruno Kleine Preis, 2004 Bürgerpreis, 1.Platz aus 650 Bewerbern bundesweit, 2006 Aufnahme in Deutschland – Land der Ideen, 2020 Pauline von Mallinckrodt Preis.
Lob und Anerkennung schütteten auch die Gäste in ihren Glückwunsch-Reden aus. Matthias Stolper, Direktor des Nepomucenum hob die Aktivität der Jugend für andere hervor. Sie vermitteln Werte und lernen gleichzeitig von der Lebenserfahrung der Senioren. Caritas Vorsitzender Volker Brüggenjürgen gratulierte zur Erfolgsgeschichte und wünschte Mut für die nächsten 25 Jahre. Ihm sei das Herz aufgegangen beim Projekt Eule, bekannte Bürgermeister Andreas Sunder in seinen Grußworten. Peter Esser, früherer Direx des Gymnasiums und „Eulenvater“, schildert wie die jungen Lehrenden sich in ihrer Rolle weiterentwickelten, mehr Selbstvertrauen und Sicherheit verspürten. 25 Jahre Eule, ein Jubiläums-Nachmittag mit viel Erinnerungen und dem Bekenntnis für weitere Projektjahre.