Rietberg. (mad). 12.600 Kilometer in drei Wochen – das ist die Bilanz von Olaf Schmied. Der 59-Jährige ist eigentlich Fahrer bei Mertens-Reisen. Doch derzeit ist es ihm eine Herzensangelegenheit, geflüchtete Ukrainer von der Grenze in sicheres Terrain zu bringen.
Auf Dauerachse war Olaf Schmied gemeinsam mit seinem Kollegen Wojciech Maleszewski, die die Fahrten mit dem von Mertens-Reisen zur Verfügung gestellten Bus ehrenamtlich durchführen. Nach drei Wochen Pendelfahrten zwischen der slowenisch-ukrainischen Grenze und der österreichischen Hauptstadt Wien sind die beiden zurück in Rietberg. Anstrengend und kräftezehrend war der Hilfseinsatz, den Mertens-Reisen und Höber-Reisen (aus Delbrück), organisiert von der Organisation „War help EU“, mit den Fahrten unterstützen. Doch nicht nur die pro Strecke etwa 600 Kilometer langen Fahrten zerren an den Nerven. Es sind vor allem auch die Erlebnisse vor Ort, an der ukrainischen Grenze, die auch den scheinbar härtesten Männern ans Herz gehen. „Wenn man direkt miterlebt, wie Männer ihre weinenden Frauen in den Bus setzen und die Kinder nach den Vätern schreien, das geht einem sehr nah“, beschreibt Olaf Schmied die Situation. Dabei kann er selbst nicht verhindern, dass ihm das Wasser in die Augen steigt. Er selbst kann zu gut nachempfinden, wie es ist, alles hinter sich lassen zu müssen und in eine vollkommen ungewisse Zukunft zu blicken. Als junger Mann wurde er 1989 aus der Prager Botschaft abgeholt und konnte die DDR gen Westen verlassen. „Ich weiß, wie es ist, ohne Ziel dazustehen. Allerdings konnte ich Deutsch und konnte mich verständigen. Die ukrainischen Flüchtlinge lassen zudem Familienangehörige zurück, die dort bleiben, um für ihr Land zu kämpfen“, sagt Schmied. Dennoch, betont er, sei von den mitarbeitenden Vereinen alles bestens organisiert. „Sowas habe ich überhaupt noch nicht gesehen“, sagt er. Wenn die Flüchtlinge nicht direkt in Wien abgeholt und weiter verteilt werden, so seien Schlafmöglichkeiten und Mahlzeiten bereit und dann geht es aber am nächsten Tag weiter. Während der langen Fahrten legte er Pausen ein, bot den ukrainischen Fahrgästen Essen und Tee an – für die Kinder hatte er sogar extra Süßigkeiten gekauft. Die Kommunikation lief weitestgehend über ein Übersetzungsprogramm auf dem Handy.„Es gibt kein ehrlicheres Danke als von diesen Menschen“, sagt er. Viele würden sich sogar auf Deutsch bedanken und hatten den Fahrer beim Abschied im Wien fest in den Arm genommen. Bei aller Erschöpfung war dies ein regelrechter Energietank für den 59-Jährigen. Nach einer kleinen Auszeit möchte der Busfahrer, der seit über 20 Jahren für Mertens-Reisen im Dienst ist, wieder an die ukrainische Grenze. „Jetzt aufhören kommt nicht in Frage“, sagt Schmied. „Einige Rietberger möchten uns Sachspenden mitgeben“, sagt er. Doch die könnten vor Ort gar nicht gebraucht werden, denn Schmied und sein Kollege fahren die Flüchtlinge direkt weiter. Vor Ort sei alles bestens organisiert. In der Zeit des Einsatzes haben die beiden Helfer rund 2.400 Liter Sprit verfahren. Für künftige Fahrten muss jedoch die Kostendeckung gesichert sein, so Mertens.