Oliver Theilmeier und die Söhne Niclas (links) und Leon sind stolz auf Mama Jeanette Theilmeier. Foto: RSA/Addicks
Neuenkirchen (mad). Das hätte sich vor einem Jahr wohl niemand träumen lassen: Zuerst schießt eine Frau den Vogel ab und dann bleibt sie auch noch zwei Jahre auf dem Thron sitzen. „Damit müssen sie nun leben“, sagt Jeanette Theilmeier lachend mit einem Augenzwinkern und freut sich gemeinsam mit ihrem Mann Oliver, noch ein weiteres Jahr dranhängen zu können. Warum denn aufhören, wenn es am meisten Spaß macht?
Dass in Neuenkirchen auch die Damen ans Gewehr dürfen, ist keine Neuigkeit. Eine Dame, die es aus eigener Kraft auf den Thron geschafft hat, hatte es jedoch zuvor noch nicht gegeben bei der St.-Hubertus-Schützenbruderschaft. Mit dem 261. Schuss hatte Jeanette Theilmeier den Adler zur Landung gezwungen. Und damit rückte auch ihr Angetrauter mit auf den Thron. Jedoch – eine kleine Formalität galt es zuvor zu klären: „Wenn eine Frau den Vogel abschießt und Königin wird, dann wird der Mann an ihrer Seite eigentlich Prinzgemahl genannt. Das wollte ich aber nicht“, erklärt die 35-Jährige. Und so holte sie sich kurzerhand den Segen des Schützenvorstandes, dass ihr Mann dann auch den Titel „König“ tragen darf. Hintergrund sei, dass in Zeiten der tatsächlichen Könige der Mann stets das Sagen hatte. Saß tatsächlich einmal eine Königin auf dem Thron, so hieß ihr Ehemann stets „Prinzgemahl“, um damit das Hierarchiegefälle zu verdeutlichen. Aber in Zeiten der Gleichberechtigung darf man sich auch mit dem errungenen Titel auf Augenhöhe begegnen, sind sich Theilmeiers einig. Und so wurde aus dem Neuenkirchener Prinzen ein König. Lustig war dann das Stadtkönigsschießen in Varensell: Da stand die Neuenkirchener Regentin im pinken Kleid als einzige Schützin unter Königen. „Und auf der anderen Seite war ich der Hahn im Korb in der Runde der Königinnen“, sagt Oliver Theilmeier lachend. So hatten beide auf jeden Fall ihren Spaß. Allerdings, und das sehen beide mit Bedauern, fehlt ihnen nun das Abschlussfest für ihre Regentschaft. „Die Feste, die uns in diesem Jahr geklaut wurden durch Corona, holen wir dann einfach im nächsten Jahr nach“, sagt Jeanette Theilmeier. „Wir finden es auch eine tolle Idee, dass der RSA uns Schützen trotzdem durch die Saison begleitet. Wir machen uns ja auch unsere Gedanken, wie wir zu unseren eigentlichen Schützenfestterminen vielleicht doch noch das eine oder andere auf die Beine stellen können“, sagt Oliver Theilmeier. Und so viel darf schon verraten werden: Was die Neuenkirchener planen, wird besonders die kleinen Ortseinwohner eiskalt überraschen. „Vorausgesetzt, die Corona-Bestimmungen machen uns keinen Strich durch die Rechnung“, merkt die Regentin an. So wie zu Zeiten der Planung: „Eigentlich ging alles von hundert auf null“, merkt Oliver Theilmeier an. Gerade noch Anfang März die Generalversammlung abgehalten, kam kurz danach der landesweite Lockdown mit Abstandsregeln und abgesagten Veranstaltungen. „Immerhin fallen alle Feste aus, das ist fair“, so die Königin, die durch die Entwicklung der Ereignisse vorgewarnt war: „Ich bin tatsächlich noch nicht losgezogen, um ein Kleid zu kaufen.“ Dieses Vergnügen kann sie dann im nächsten Jahr nachholen, wenn – und das hoffen beide inständig – wieder richtig gefeiert werden darf.