Rietberg (mad). In diesem Jahr läuft einfach nichts wie geplant. Viele große Veranstaltungen mussten abgesagt werden, sehr zum Bedauern der Vereine. Doch das Ganze kann auch etwas Gutes haben. Wie bitte? Ja, tatsächlich. Denn so bleibt den Rietbergern ein bekanntes und beliebtes Gesicht noch ein weiteres Jahr erhalten.
Denn eigentlich hätte sich Jürgen Descher in diesem Jahr von der Bühne verabschiedet. „Mein letzter Auftritt war für das vergangene Wochenende beim BWK-Kongress geplant“, so der Leiter des Rietberger Fanfarenzuges. Und im karnevalistischem Sinne, der dem charismatischen Herrn mit dem Taktstock in der Hand und dem breiten Lächeln im Gesicht gar nicht so fern ist, wäre das Jahr 2020 das perfekte Abschiedsjahr gewesen: „Ich bin nun 55 Jahre alt und seit 33 Jahren erster Vorsitzender und Tambour-Major“, macht er auf den Schnapszahlen-Reigen aufmerksam. Doch nun hängt Descher noch ein weiteres Jahr an seine Dienstzeit dran. „Meine Jungs können ja nicht loslassen“, sagt er scherzend. Aber – und da haben seine Jungs auch einfach Recht – einen richtigen und gebührenden Abschied sollte es schon geben.
Schließlich konnte Jürgen Descher mit seiner Truppe in diesem Jahr nicht bei einem einzigen Schützenfest aufspielen. „Und es ist mir schon ein großes Anliegen, mich auch bei den ganzen Vereinen zu verabschieden“, sagt er. Zwar hatte er mit seiner musikalischen Truppe für die Schützenvereine ein Video gedreht, aber das sei natürlich nicht dasselbe. Nun, nach langer Corona-Zwangspause, laufen die ersten Proben wieder an. Meistens unter freiem Himmel und mit reichlich Abstand. Das ist mit viel Arbeit verbunden, verrät Descher. Zu Zeiten, in denen der Fanfarenzug voll im Training ist, können die Musiker mühelos ein anderthalbstündiges Programm absolvieren. „Jetzt würden wir vielleicht 30 Minuten schaffen“, so der Tambour-Major, der sich trotz der derzeit zuweilen eingerosteten Töne riesig über den starken Zusammenhalt und das hohe Engagement beim Fanfarenzug freut. „Man kann stolz darauf sein, dass alle so gut mitziehen“, sagt er über die 45 Mann starke Truppe. In seiner Stammbesetzung spielt der Rietberger Fanfarenzug nun schon seit rund zehn Jahren und hat sich richtig eingegroovt. Auch neue Ideen und Vorschläge aus den Reihen insbesondere der jüngeren Mitglieder schätzt Descher sehr.
Allerdings sieht er seinem wenn auch verschobenen Abschied gelassen entgegen: „Eigentlich brauchen die Jungs mich nicht mehr. Sie kommen super alleine zurecht, musikalisch wie organisatorisch“, sagt Descher. „Mein Nachfolger soll die Truppe wieder weiter formen und dem Fanfarenzug seinen eigenen Stempel aufdrücken. Ich bin mir absolut sicher, dass es sehr gut weiterlaufen wird.“ Auch wenn er sich dem Fanfarenzug sehr verbunden fühlt und ihm auch weiterhin mit aller Unterstützung zur Seite stehen wird, möchte sich Descher zunächst einmal rar machen nach seinem Abgang. „Wenn man den Stab abgibt, dann ist die Gefahr, sich aus der zweiten Reihe einzumischen, einfach zu groß“, weiß er und stellt sich selbst die Frage: „Kann ich überhaupt ohne?“ Deswegen schließt Jürgen Descher nicht aus, dann irgendwann selber in den Reihen der Musiker mitzumarschieren, sei es mit der Trompete oder der Posaune.