Rietberg (dg). Sie sind verunsichert, sehen ihre Existenz in Gefahr und wollen Überzeugungsarbeit leisten, dass ein geplantes interkommunales Industriegebiet mit der Gemeinde Langenberg in Zukunft nicht ihren Lebensraum einschränkt. Die Rede ist von 72 Familien mit ihren Angehörigen im rund 60 ha großen Gebiet „Feldmark“, an der B64 zwischen Wulfhorst- und Merschhemkeweg. Einem Kulturlandschaftsbereich mit besonderen Werten.
Teilweise in fünfter Generation werden hier einige Anwesen bewohnt und landwirtschaftlich genutzt. Große Bauernhöfe und kleinere Wohnansiedlungen sowie der Theresienhof gehören dazu und prägen diese lokale Landschaft mit ihrer gewachsenen, natürlichen Struktur als wertvollen Lebensraum für Mensch und Tier. 2016 informierte die Verwaltung über erste Planungsgedanken, Entwicklung der Flächen als Gewerbegebiet. Mittlerweile war ein Industriegebiet im Gespräch. Nach einem Schreiben an alle Ratsmitglieder kam von der CDU-Fraktion eine überarbeitete Planvariante. Die liegt zurzeit bei der Bezirksregierung in Detmold seitens der Stadt Rietberg als Antrag vor, die „Feldmark“ in den Regionalplan aufzunehmen. Planungshoheit liegt generell bei der Bezirksregierung. Die Verwaltung rechnet mit der Zustimmung Detmolds und erwartet eine positive Nachricht im März / April 2024.
Wohnen im Industriegebiet ist nicht erlaubt
Erst danach können Rat und Verwaltung verbindlich handeln und Entscheidungen treffen. Die konkreten Absichten der Verwaltung, den bedeutenden Kulturlandschaftsbereich industriell zu nutzen, löst bei den Betroffenen mehr als Unbehagen aus. So haben sich sieben Kernaktive in einer Arbeitsgruppe vereint, um die Bedenken aller Ansässigen zu bündeln und zur Diskussion zu stellen. Und das sind keine geringen Befindlichkeiten, sondern harte Fakten, wenn es zum Beispiel um privates Wohnen im Industrie- und Gewerbegebiet geht. Das ist gesetzlich verboten. Müssen die Menschen Haus und Hof verlassen? Welchen Wert hat dann noch vorhandenes Privateigentum? Die besten Ackerböden in der Stadt Rietberg befinden sich in Bokel und in diesem Gebiet. Klimarelevante Böden mit höchster Bewertungsklasse. Eingriff und Zerstörung der Lebensgrundlage heimischer Vogelarten wie Feldschwirl, Steinkauz, Schwarzspecht, Kiebitz, Nachtigall, Schleiereulen, Hühnerhabicht, Wanderfalken und verschiedener anderer Waldtiere, die dort ihre Heimat haben. Ein Teil der Fläche liegt im Überschwemmungsgebiet. Radfahrer und Fußgänger nutzen die Feldmark als Naherholungsraum von Rietberg. Das sind nur einige Argumente und Existenzängste für den Lebensraum Mensch, summieren die Aktiven in der Arbeitsgruppe. Gespannt warten sie auf die Entscheidung aus Detmold und hoffen auf die Einsicht der Lokalpolitik, dass die Absicht, ein interkommunales Industriegebiet vor ihrer Haustür zu realisieren, eine Fehlentscheidung ist.