Eine Tat der Schande und absoluter Pietätlosigkeit

Zerstörungswut: Unbekannte schänden rund 60 Grabstellen auf dem Neuenkirchener Friedhof

Neuenkirchen (mad). „Was für eine unfassbare Sauerei“, murmelt eine ältere Dame. Ein Herr blickt sichtlich erschüttert auf eine Reihe Urnengräber, während eine Frau die Scherben einer zerbrochenen Porzellanfigur von einer Grabstelle sammelt. Auf dem Friedhof in Neuenkirchen haben Unbekannte eine wahre Verwüstung angerichtet. 

Eigentlich ein Ort der Ruhe und zur inneren Einkehr sorgte der Friedhof an der Druffeler Straße jedoch am Morgen des 2. Februar für erschrockene Gesichter bei den Friedhofsgärtnern, die in der Früh ihre übliche Arbeit beginnen wollten. Im süd-westlichen Teil offenbarte sich ihnen das pietätlose Werk von Randalierern, die wohl des nachts zu Werke gegangen waren – und ganze Arbeit geleistet hatten. Rund 60 Grabstellen in zwei Grabreihen wurden geschändet und boten ein Bild der Verwüstung. Grabschmuck wurde zerstört und wild durch die Gegend geworfen. Nicht nur die Grabstellen selbst, auch der Weg zwischen den Grabparzellen sah aus, als wäre ein Tornado darüber hinweggefegt. „So etwas habe ich auch noch nicht erlebt“, sagt einer der Friedhofsgärtner, die mit den Aufräumarbeiten beschäftigt wind. Nicht nur, dass der oder die Täter Glaslaternen kaputt geworfen und steinerne Pflanzschalen zerstört haben. „An einem Grab wurde sogar die ganze Grabsteinplatte herausgehoben und am Nachbargrabstein zerschmettert“, beschreibt der Mann die blinde Zerstörungswut, deren stumme Zeugen überall verteilt auf Grabparzellen und dem Weg liegen. Es ist nicht der erste Vorfall auf diesem Friedhof. „Erst vorige Woche wurden die Reifen der Schubkarren, die wir hier auf dem Gelände für die Friedhofsbesucher zur Verfügung stellen, zerstochen“, weiß einer der Friedhofsgärtner zu berichten. 

Einige Hinterbliebene scheinen schon Nachricht bekommen zu haben. Viele Menschen laufen an diesem Vormittag über den Friedhof, um nachzuschauen, ob das Grab eines Angehörigen oder Freundes betroffen ist. „Unglaublich ist das“, sagt eine Frau, die durch eine der zerstörten Grabreihen geht. Zum Glück liegt das Grab ihres verstorbenen Mannes am anderen Ende des Friedhofs, sagt sie. Eine andere Frau säubert die steinerne Platte auf dem Grab ihres Vaters. „Er hätte heute Geburtstag gehabt“, sagt sie. „Eigentlich wollte ich gestern schon Blumen gebracht haben. Wie gut, dass ich es noch nicht gemacht hatte. Die wären sonst auch überall verteilt“, vermutet sie und blickt auf die Reihe der Urnengräber, auf denen keine Pflanzschale, Grabschmuck oder Kerzen stehen geblieben sind. Auf den entstandenen Schäden bleiben die Hinterbliebenen übrigens selber sitzen, teilt die Stadtverwaltung auf RSA-Anfrage mit. „Die Nutzungsberechtigten müssen mit ihren Versicherungen abklären, ob diese Schäden eventuell über die Hausratversicherung gedeckt sind“, sagt Pressesprecher Jürgen Wohlgemuth. Außerdem wird die Polizei alle Betroffenen anschreiben und auf die Möglichkeit einer Strafanzeige hinweisen. „Wir als Friedhofsverwaltung haben eine allgemeine Anzeige erstattet, jedoch obliegt es jedem einzelnen Nutzungsberechtigten, Strafanzeige zu stellen. Die Polizei macht dann viele einzelne Fälle daraus“, erklärt Wohlgemuth. Auch Bürgermeister Andreas Sunder zeigte sich erschüttert angesichts der Zerstörungswut. „Es macht mich wütend, dass es offenbar Menschen gibt, denen nicht einmal die Totenruhe etwas bedeutet“, ließ er über die Pressestelle verlautbaren.

 

 

 

Redaktionsmeinung

Was für eine Charakterlosigkeit!

Was ist mit einigen Menschen los? Ist es der Corona-Frust? Langeweile? Fehlende sportliche Möglichkeiten, um sich auszupowern? Letztlich ist es auch egal, denn mit ein bisschen Vernunft hat man sich so weit im Griff, seine (negative) Energie nicht auf diese Weise loszuwerden. Dagegen ist ein zerstörter Zigarettenautomat zwar ärgerlich, aber nichts gegen diese Tat, die jegliche Form des Respekts und des Anstands vermissen lässt. Grabstätten zu zerstören ist an Pietätlosigkeit kaum mehr zu überbieten. Welch schmerzvoller Anblick sich den vielen Hinterbliebenen bot, die liebevoll die letzte Ruhestätte ihrer Angehörigen oder Freunde pflegen und schmücken, ist nachzuempfinden. War es die Absicht der Randalierer, andere Menschen an so empfindlicher Stelle zu treffen? Bestenfalls waren es Gedankenlosigkeit und Geltungsbedürfnis. In jedem Fall aber ist es ein Beweis für Charakterlosigkeit und ein ziemlich kleines Ego. Addicks